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Der Wald verträgt keinen politischen Aktionismus

Während Sie diese Zeilen gemütlich lesen, speichern die 21.000 Hektar Wald im Landkreis Böblingen pro Sekunde rund 10 Kilogramm CO2. Doch die Hitze und die Trockenheit machen unserem Wald schwer zu schaffen. Die CDU-Landtagsabgeordnete Sabine Kurtz ließ sich deshalb bei einem Waldbegang in Rutesheim mit Forstdirektor Reinhold Kratzer, dem Leiter des Forstamts im Landratsamt, und Forstdirektorin Inge Hormel den derzeitigen Gesundheitszustand des Waldes erklären.
Reinhold Kratzer, Sabine Kurtz MdL und Inge Hormel (v.l.n.r.) im Rutesheimer Wald.

Borkenkäfer vermehrt sich bei Hitze und Trockenheit „Das aktuelle Wetter ist insbesondere für die Nadelbäume problematisch“, verdeutlichte Inge Hormel, „aufgrund des Wassermangels und der Hitze herrschen derzeit optimale Bedingungen für die Massenvermehrung von Borkenkäfern. Dieser befällt vor allem Fichten, welche dann kaum noch zu retten sind.“ Die natürliche Abwehr der Fichten, die Borkenkäfer im Harz zu ertränken, funktioniere derzeit nicht mehr. „Wir haben hier im Landkreis bereits in den ersten sieben Monaten dieses Jahres so viel Borkenkäferholz wie im gesamten Jahr 2018 eingeschlagen“. Neben der Fichte sei vor allem im nördlichen Landkreisteil auch die Tanne durch Hitze und Borkenkäferbefall stark geschädigt. „Seit dem Frühjahr 2018 sind wir Forstleute permanent damit beschäftigt, befallene Bäume aus dem Wald zu nehmen und noch stehende Bestände Bäume auf Neubefall zu kontrollieren“, stellte Inge Hormel dar. Während bis jetzt nur Nadelbäume die Problemkinder waren, seien nun auch zunehmend Laubbäume wie die Buche von der Trockenheit betroffen. Dies betrachten die Forstleute mit Sorge, da die Buche in unseren Böblinger Wäldern von Natur aus die dominierende und über Jahrhunderte an die standörtlichen Bedingungen am besten angepasste Baumart ist. „Die Forstwirtschaft ist auf lange Zeiträume angelegt“, weiß Sabine Kurtz. Daher halte sie es für „wichtig, dass wir die Situation seriös untersuchen und danach mit Bedacht handeln“. Aktionismus im Wald hält sie jetzt für fehl am Platz. Mischwälder sind stabil Der Wald ist immer auch ein Spiegel seiner Zeit“, erläuterte Reinhold Kratzer. „Nach dem Zweiten Weltkrieg z.B. wurde viel Bauholz zum Wiederaufbau der zerstörten Städte benötigt. Damals wurden die zerstörten Wälder insbesondere mit Fichten wieder aufgeforstet. Das Pflanzen von schnell wachsenden Fichten, die ideales Bauholz liefern, war damals nur logisch. Man stand unter Zeitdruck und der Holzbedarf war groß.“ Diese Baumart hat aber nur flache Wurzeln und ist anfällig für den Borkenkäfer. Nach dem Sturm Lothar Ende des Jahres 1999, der im Landkreis Böblingen einen Schaden von über einer Million Festmeter Holz verursachte, nutzten die Forstleute die Gelegenheit, um den Wald breiter aufzustellen. Denn, so der Kreisforstamtsleiter, „ein gemischter Wald, der auf vielen verschiedenen Füßen steht, ist sowohl ökologisch als auch ökonomisch genau das Richtige. Dadurch wird der Wald stabil und entwickelt eine eigene Regenerationsfähigkeit.“ Holz speichert CO2 Inge Hormel erklärte auch, wie wichtig der Wald für die Eindämmung des Klimawandels ist: „Wachsende Bäume binden sehr viel CO2. Auch im verbauten Holz bleibt das CO2 lange gebunden. Verrottet das Holz, entweicht das CO2 jedoch wieder“. Daher sei es wünschenswert, dass immer neue Bäume nachwachsen und ein Wald aus mehreren Generationen bestehe. Junger Wald entstehe von alleine, durch sogenannte Naturverjüngung. Naturverjüngung statt Pflanzungen Das Pflanzen neuer Bäume sei in der hiesigen, dicht besiedelten Landschaft eher die Ausnahme. „Wir im Landkreis Böblingen setzen auf das Konzept der naturnahen Waldwirtschaft mit Mischwäldern aus überwiegend Naturverjüngung.“ Sabine Kurtz hält diesen Weg für richtig. Zumal Reinhold Kratzer darauf hinweist, dass bisher noch nicht erforscht sei, welche Baumarten wirklich klimatolerant seien. Erste Erfolge seien mit der Douglasie zu beobachten. Die Landtagsvizepräsidentin zeigte sich überzeugt, dass unsere Forstwirtschaft gut aufgestellt ist: „Unsere naturnahe Waldwirtschaft, die auf viele Baumarten setzt und in langfristigen Zyklen denkt, ist der Schlüssel zu einem gesunden Wald.“ Waldbesitzarten im Landkreis Böblingen Im Landkreis Böblingen sind ungefähr 35% der Fläche bewaldet. Unser Wald befindet sich zu drei Vierteln im Besitz der Gemeinden und Städte. Rund 20% gehören dem Staat und nur 5% des Waldes sind in privater Hand. Der Wald ist bei uns überwiegend ein Laub- und Mischwald. Während im Norden des Landkreises mit 40% Nadelholz noch mehr Nadelbäume wachsen als im Rest des Kreises, stehen in den Wäldern des gesamten Landkreises Böblingen ca. 70% Laubbäume 30% Nadelbäumen gegenüber.

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