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„Bei der Post muss zügig gebaut werden“

LKZ-Sommergespräche Elke Staubach und Willi Wendel von der CDU fordern Tempo bei der Stadtentwicklung, mehr Leben in der Altstadt und bestehen auf bezahlbarem Wohnraum – womöglich auch in der alten Schuhfabrik. Eine Verkehrsreduzierung sehen sie skeptisch. Das Gespräch führte Thomas K. Slotwinski.
von li nach re vorne: Gerhard Schwarz, Elke Staubach, Oliver Zander, Wolfgnag Röckle hinten: Willi Wendel, Susanne Kogel, Dirk Jeutter, Gabi Ludmann

Die alte Hauptpost steht zwar leer, doch hier soll das neue Herz der Stadt schlagen. Für die CDU-Fraktionschefin Elke Staubach und ihren Fraktionskollegen Willi Wendel Grund genug, hier zum Sommergespräch zu bitten. Frau Staubach, Herr Wendel, die CDU war bis Mai stärkste Fraktion im Gemeinderat. Jetzt ist sie nur noch auf Platz 3. Staubach: Uns bleibt nichts anderes übrig, als das Ergebnis zu akzeptieren. Wir haben unter dem Bundestrend gelitten. Zudem haben mit Gerhard Schwarz und Gabriele Ludmann zwei unserer Zugpferde nicht mehr kandidiert, die bei der Wahl vor fünf Jahren zusammen 15 000 Stimmen geholt hatten. Bedauerlich ist zudem, dass es keiner unserer jüngeren Kandi­daten geschafft hat. In vergleichbaren Städten im Kreis ist das ähnlich. Gibt es nun einen grünen Durchmarsch? Staubach: CDU, Freie Wähler und FDP haben 16 Stimmen. Grüne, SPD, SALZ und die Linke auch 16. Es gibt also keine alleinige grüne Mehrheit. Ohnehin wird im Gemeinderat fast immer themenspezifisch entschieden. Wir stehen mit den anderen in einem konstruktiven Kontakt. Als Gesprächsort haben Sie sich die alte Hauptpost ausgesucht ... Wendel: ... weil man hier die Verkehrsprobleme vor Augen hat. Statt aber immer wieder teure Gutachten in Auftrag zu geben, müssen wir praktisch handeln. Sie meinen die Verringerung von vier auf zwei Spuren, die der OB anregt? Staubach: Die Frage ist: Wie durchlässig machen wir unsere Stadt? Wenn es sich nicht lohnt, bleiben jene Fahrer, die die Staus auf den Autobahnen umgehen wollen, von vorne herein draußen. Wendel: Um den Verkehr umzulenken, muss man nicht die Straße aufreißen. Wir sollten es mit günstigen Absperrungen, etwa Pollern, in verschiedenen Varianten mindestens neun Monate versuchen. Danach werden über die Zeitung die Bürger nach ihrer Meinung gefragt. Ein gutes Beispiel ist der provisorische Kreisverkehr an der Kreuzung Stuttgarter/Neue Ramtelstraße. Der funktioniert seit Jahren gut. Staubach: Denkbar wäre ein Einbahn-System vom Postareal über die Bahnhofstraße in Richtung Lindenstraße. Dabei muss beachtet werden, wie das Postareal gut angebunden wird. Sie nennen das Stichwort: Postareal. Dass dafür der kleine Wald vor der Post fallen soll, ist heftig umstritten. Staubach: Es gibt einen Ratsbeschluss, dass dort gebaut werden soll. Der Investor Strabag hat Pläne. Hier muss geprüft werden, ob Änderungen möglich sind, um Bäume zu erhalten. Ein weiteres Manko: Die bisher zur Belieferung der vorgesehenen Großmärkte geplante Einfahrt ohne Wendemöglichkeit kann nicht klappen. Wendel: Zwei Bäume direkt am Eingang der Post sind in einem schlechten Zustand. Die könnten problemlos weg. Axel Röckle, Ihr Kollege von den Freien Wählern, hält es für besser, umzuplanen, selbst wenn es dann länger dauert. Staubach: Wir wollen, dass zügig gebaut wird. Alle Pläne auf Null zu stellen, das kann man dem Investor nicht zumuten. Da riskieren wir zudem Schadensersatz. Außerdem wollen wir ja nicht nur das Postareal, sondern auch den Brückenschlag zur Altstadt realisieren. Wie soll der aussehen? Staubach: Auf jeden Fall muss der Übergang barrierefrei sein, damit auch Menschen, die nicht so gut zu Fuß sind, zum   Marktplatz können. Mit Blick in die Zukunft sollte man diesen Bereich für autonom fahrende Kleinbusse freihalten. Braucht der Marktplatz noch Parkplätze?

Staubach: Zumindest für jene Kunden, die sich schnell eine Vesper holen. Die fahren nicht ins Parkhaus. Diese Einnahmequelle würde dem Handel fehlen. Insgesamt hat sich das Parkhaus stark verbessert: Das Handyparken klappt prima. Welches Profil braucht die Altstadt? Wendel: Dass im Sommer nach 22 Uhr im Freien nichts mehr stattfinden kann, das geht nicht! Wie will man die Altstadt beleben, wenn kein Leben zugelassen wird? Der Druck der Anwohner ist groß. Staubach: Wir reden ja nicht über eine Dauerparty auf dem Marktplatz, sondern über einige Veranstaltungen während der warmen Jahreszeit. Beim Musikfestival „Calwer Sommer“ funktioniert das doch auch. Da machen die Anwohner mit. Wendel: Wichtig ist auch eine klare Ansage der Stadt: Wenn ein Fest ist, ist ein Fest! Aber da traut sich offenbar niemand. Selbst wenn es mehr Sommerfeste gibt, reicht das nicht aus, um neues Leben in die Altstadt zu bringen. Staubach: Das gastronomische Angebot ist nicht groß genug. Jetzt in den Ferien ist es schwer, in der Altstadt ein Speise­lokal zu finden, da viele geschlossen sind. Was muss geschehen? Staubach: Das ist eine der ersten Auf­gaben des neuen Citymanagements, und zwar in enger Zusammenarbeit mit der Wirtschaftsförderung. Die müssen alle Beteiligten an einen Tisch holen, um die nächsten Schritte zu diskutieren. Nicht zuletzt die hohe Verkehrsbelastung schadet den Bemühungen, Leonberg als Einkaufs- und Freizeitstadt zu profilieren. Staubach: Im Wahlkampf sind Vorschläge gemacht worden.

Die von der SPD bevorzugte Pförtnerampel am Ortseingang von Höfingen würde dort für Staus sorgen. Die Idee der Freien Wähler, eine Umfahrung der Innenstadt und Höfingen, die hatten wir schon vor vielen Jahren. Die würde einen Haufen Geld kosten (etwa 100 Millionen Euro, die Red.), sehr lange dauern und immens viel Land verbrauchen. Wendel: Und ein langer Tunnel, den der OB vorgeschlagen hat, ist allein schon wegen der schwierigen Beschaffenheit des Bodens mit Gipskeuper unrealistisch. Staubach: Das einfachste wäre, den Verkehr zu reduzieren. Doch das ist ein komplexes Unterfangen. Wir leben von der Autoindustrie. Wollen wir die wirklich kaputtmachen? Das Busangebot ist noch nicht so, wie es als echte Alternative sein müsste. Und es kommt eine nicht unwesentliche emotionale Komponente hinzu: Die Leute lieben ihr „heiligs Blechle“. Die wachsende Stadt macht die Verkehrsdiskussion nicht gerade einfacher. Wendel: Zur Entlastung zumindest von Höfingen und Gebersheim könnte eine Südumfahrung in Heimerdingen beitragen, über die seit Jahren gesprochen wird. Staubach: Konkrete Aussagen sind hierzu kaum zu hören. Fast könnte man meinen, man will das Thema nicht haben. Wann ist die Wachstumsgrenze erreicht? Staubach: So lange es Zuzüge gibt, werden wir wachsen. Deshalb müssen die Gebiete längs der Berliner Straße und am Unteren Schützenrain bebaut werden. Mit 25 Prozent bezahlbarem Wohnraum, so wie es der Gemeinderat beschlossen hat. Ein mögliches Wohnquartier wäre die alte Schuhfabrik. Staubach: Da muss auf jeden Fall etwas geschehen: Ob die Elektroanlagen, die Heizung oder der Putz: Alles ist ma­rode. Insofern liegt eine Wohnbebauung nahe. Und die dort arbeitenden Künstler? Staubach: Für die lassen sich andere Orte finden. In der Altstadt haben wir schon jetzt viele Künstler. Renovierung oder Abriss? Staubach: Es soll ja geprüft werden, ob ein Teil günstig erhalten werden kann.

Wobei die Schuhfabrik nicht so historisch ist, wie manche meinen. Neue Wohnviertel, gerade im Zentrum, verschärfen die Verkehrssituation. Staubach: Am nördlichen Stadteingang vor dem alten TSG-Gelände bietet sich ein Kreisverkehr an. Damit könnten die Autos sowohl in das neue Quartier als auch in Richtung Höfingen und in die Innenstadt gelenkt werden. Wendel: Die Auswirkungen des Wachstums gibt es schon jetzt. Die Mitarbeiter von Bosch stellen in Eltingen alles zu. Oft werden die Gehwege zugeparkt. Dabei hat das Unternehmen doch das ehemalige Parkhaus von Möbel-Hofmeister komplett und weite Teile des Parkhauses am Bahnhof. Die Tendenz des wilden Parkens ist nicht nur hier zu beobachten. Gegenüber des Leo-Centers wird die Busspur zugestellt, und die Leute parken in der zweiten Reihe. Die Polizeibehörde macht nichts. Sie beklagen nicht nur die Verkehrsrüpel, sondern auch den Dreck in der Stadt. Staubach: Viele sind offenbar nicht in der Lage, ihre eigene Tonne zu nutzen. Die öffentlichen Abfalleimer sind ruckzuck mit Hausmüll voll, selbst wenn sie kurz vorher geleert wurden. Da müssen sich einige Leute an die eigene Nase fassen. Die orangene Tonne für Plastik wird sehr selten genutzt. Staubach : Die könnte Entlastung bringen. Sie müsste aber kostenfrei sein. Für die Stadthalle wird es nun doch wieder einen Hallenmanager geben, der die Auslastung verbessern soll. Staubach: Darauf drängen wir schon lange. Und der soll sich um das gesamte Kulturprogramm kümmern, nicht nur in der Stadthalle, sondern auch im Spitalhof.

Die Chefposition war aus Kostengründen gestrichen worden. Wendel: Es ist aber besser, wenn es einen Chef gibt, der für alles verantwortlich ist. Staubach : Vom neuen Hallenmanager erwarten wir auch, dass er endlich eine Kooperation mit dem benachbarten Amber-Hotel in Gang bringt. Um den Haushalt zu entlasten, wollen die Grünen das Gebäude notfalls abreißen. Staubach: Für uns steht die Stadthalle nicht zur Disposition. Dass es strukturelle Änderungen gibt, ist vor allem eine Initiative des OB. Staubach: Er hat Ideen, ist manchmal aber zu schnell ohne Einbindung des Gemeinderats unterwegs. Das beste Beispiel ist der Bau der Kita Nord, wo er einen Ratsbeschluss einfach umdrehen wollte. Ist Martin Cohn in Leonberg angekommen? Staubach: Ich weiß zumindest nicht, ob er seinen Lebensmittelpunkt hier hat. Und was die Aufgabenstellung betrifft: Leonberg ist nicht Rudersberg.

Das Gespräch führte Thomas K. Slotwinski.

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Mit freundlicher Genehmigung der Leonberger Kreiszeitung

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