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Annegret Kramp-Karrenbauer beim wirtschaftspolitischen Neujahrsempfang von CDU und MIT in Leonberg

Bis auf den letzten Platz war die Stadthalle gefüllt, als AKK dort am 24. Januar 2020 über die Herausforderungen des Mittelstands sprach

Dass jemand vom Kaliber einer CDU Bundesvorsitzenden oder einer Bundesverteidigungsministerin nach Leonberg kommen und ganz nahbar zur Bevölkerung spricht, kommt äußerst selten vor. Und das zu organisieren dürfte schon zu einer der schwierigsten Aufgaben eines Stadtverbandsvorsitzenden gehören. Geholfen hat Oliver Zander sicher, dass er darüber hinaus auch Landesvorsitzender der Mittelstands- und Wirtschaftsunion in Baden-Württemberg und seit letztem Jahr auch Vorstandsmitglied auf Bundesebene ist. Dennoch hat er fast zwei Jahre und auch zwei Anläufe gebraucht, Frau Kramp-Karrenbauer wirklich nach Leonberg zu bekommen. Und da bei einer Verteidigungsministerin schon mal die weltpolitische Lage dazwischenkommen kann, konnte Herr Zander erst halbwegs entspannt sein, als sie wirklich um Viertel vor sieben durch die Türe in die Stadthalle ging. Eröffnet wurde das Vortragsprogramm musikalisch: Die Sopranistin Inger Torill Narvesen begann, am Klavier begleitet von Adrian Laugsch, mit einer Arie aus der Fledermaus von Johann Strauß und setzte gleich zu Beginn ein Highlight. Die Aufmerksamkeit der voll besetzten Stadthalle war Oliver Zander dann auch sicher, als er nach den Neujahrswünschen gleich in die problematische Situation des Mittelstands einstieg. Obwohl die Lage in Deutschland aktuell alles andere als schlecht ist (noch), gibt es schon seit einiger Zeit verschiedene Themen, die dem Mittelstand auf der Seele liegen. Ein großes Thema, das fast jedes Unternehmen trifft, ist die immer stärker ausufernde Bürokratie; da ist die seit neuestem bestehende Bon-Pflicht nur ein kleines Indiz, wobei hier die Digitalisierung ja wirklich Abhilfe schaffen könnte. Auch das Arbeitszeitgesetz verursacht gerade den kleineren Unternehmen in einer zunehmend flexibleren Arbeitswelt durchaus Probleme; selbst wenn eine höhere Flexibilität für die Angestellten, zum Beispiel Alleinerziehende, von Vorteil wäre, wird sie oft durch die rigiden Vorgaben dramatisch eingeschränkt; eine flexible Wochenhöchstarbeitszeit würde hier sicher für Entspannung im Interesse aller sorgen.

Sehr kritisch sieht Oliver Zander abschließend, dass aufgrund des jetzt noch vermeintlichen wirtschaftlichen Erfolgs der Gesamtwirtschaft keine echte Bereitschaft besteht, solch wichtige Reformen anzugehen. Unsere Landtagsvizepräsidentin und Landtagsabgeordnete Sabine Kurtz begann ihr Grußwort mit einem herzlichen Dank an Oliver Zander, der mit der typischen Hartnäckigkeit eines echten Mittelständlers diese Veranstaltung erst möglich gemacht hat! Nach den herzlichen und guten Wünschen zum neuen Jahr machte sie den Gästen bewusst, dass es auf jeden einzelnen ankommt, wenn wir die Zukunft in unserem Sinne gestalten wollten; denn nur gemeinsam werden wir die vor uns liegenden Herausforderungen, auch, aber nicht nur die wirtschaftlichen, meistern können. Das gilt nicht nur für die Gesellschaft insgesamt, sondern gerade für die Politik, den Bund und die Länder sowie für die Wissenschaft und die Wirtschaft. Und der Herausforderungen gibt es viele: alleine bei der Mobilität müssen wir klimaschonende Technologien finden, neue synthetische Kraftstoffe für den Verbrennungsmotor entwickeln oder die Künstliche Intelligenz für das autonome Fahren voranbringen. Gerade aus der sich immer dynamischer verhaltenden Arbeitswelt werden neue Anforderungen an die Menschen herangetragen: der schon länger geprägte Begriff des „lebenslangen Lernens“ bekommt eine immer größere Bedeutung und zwar nicht nur für die, die gerade in die Berufswelt hineinwachsen, sondern auch für die, die mittendrin stehen oder sich gar schon dem Ruhestand nahe wähnen. Im aktuellen Doppelhaushalt sind 5 Millionen an zusätzlichen Mitteln für die Volkshochschulen im Lande bereitgestellt worden. Damit schlug sie eine sehr elegante Überleitung zur Ansprache von Annegret Kramp-Karrenbauer: Sie ist bereits seit einigen Jahren Präsidentin des Dachverbandes der Volkshochschulen, mit der Materie also sehr gut vertraut. Aber zuvor durfte unser Gastredner aus dem Mittelstand ans Rednerpult: Ernst-Martin Schaible, Gründer und Geschäftsführer der Einkaufs- und Dienstleistungskooperation für Fachgeschäfte DER KREIS, brachte eine ganz neue Perspektive in die Runde, nämlich die des Handwerks. Als gelernter Schreiner aus einer Familie im Möbelbau, der einen der größten Einkaufsverbunde aufgebaut hat, kennt er sich mit dem Handwerk von der historischen Basis bis hin zu seiner heutigen, oft eher High-Tech-orientierten Ausprägung bestens aus. Besonders schmerzt ihn in doppelter Hinsicht das Nachwuchsproblem des Handwerks. Neben dem offensichtlichen Problem, freie Stellen kaum besetzen zu können, bei Mitarbeitern genauso wie bei Azubis, sieht er als tieferliegende Ursache den Imageverlust des Handwerks generell. Eine große Akademiker-Orientierung hat dazu geführt, dass die jungen Leute das Handwerk meist gar nicht mehr als einen attraktiven Weg wahrnehmen, der für viele sehr viel erfüllender wäre als ein Studium, das gar nicht ihrer eigentlichen Neigung entspricht. Die vor vielen Jahren in zahlreichen Handwerksberufen abgeschaffte Meisterpflicht hat die Attraktivität und auch die Qualität in diesem Bereich nicht positiv beeinflusst, teilweise sogar geschadet (immerhin ist sie ja mit Beginn dieses Jahres in einigen Handwerksberufen wieder eingeführt worden). Besonders plakativ stellte Herr Schaible das beim Glasfaserausbau dar: Auch dafür braucht man Handwerker und wenn in manchen Regionen der Ausbau trotz vorhandenen Willens und der nötigen Mittel nicht so recht vorankommt, liegt das auch an fehlenden Handwerkern.

Ein besonderes Anliegen war ihm das Thema Steuern, insbesondere der Solidaritätszuschlag, den er als ein großes Ärgernis sieht. Gerade vor dem Hintergrund der Herausforderungen, sich auf die kommenden Umwälzungen in vielen Bereichen einzustellen, fehlten diese Mittel genau an der Stelle, an der die innovativen Unternehmen sich auf die Zukunft einstellen müssen; hierbei schloss er ausdrücklich auch die Umweltaspekte mit ein, seien sie hier bei uns oder in Malaysia. „Wir haben nur diese eine Erde; wir sollten pfleglich mit ihr umgehen!“. Mit „Somewhere over the Rainbow“ stimmten Inger Torill Narvesen und Adrian Laugsch das Publikum nun auf den Höhepunkt des Abends ein, die Ansprache von Annegret Kramp-Karrenbauer. Die startete ebenfalls mit guten Wünschen zum neuen Jahr, insbesondere dem für ein friedliches 2020. Und genau dieses Wort „friedlich“ setzte sie gleich in den Kontext ihres Amtes als Verteidigungsministerin: Gerade zu Beginn dieses Jahres waren Soldatinnen und Soldaten aus Deutschland an ihren Auslandsstandorten mehrmals sehr nah an militärischen Auseinandersetzungen dran. Es ist keineswegs selbstverständlich, dass wir in Frieden leben können, dafür sollten wir all den Menschen, die sich für uns in die schwierigen und gefährlichen Situationen begeben, in die wir nicht hineinwollen, dankbar sein; und dabei bezieht sie auch unsere Polizei, Feuerwehr, Sanitäter und Notärzte und alle weiteren Helferinnen und Helfer ein, die uns diese Risiken abnehmen. Und die wir respektieren und unterstützen müssen und denen, die das nicht tun, auch klar entgegenstehen. Im Folgenden ging sie auf die von ihren Vorrednern angesprochenen Themen nach und nach ein. Beim Bürokratieabbau beklagte sie einen zunehmenden Verlust an Risikobereitschaft, der dazu führt, dass sich alle gegenseitig immer vorher absichern müssten; dass Regeln sich nicht mehr vom Einfachen zum Komplexen entwickeln könnten, sonders dass man sofort versucht, sämtliche Fälle zu berücksichtigen und damit ein in der Praxis viel zu komplexes Monstrum schaffe. Hier seien wir letztlich alle gefragt, etwas entspannter an diese Dinge heranzugehen und auch mal mit etwas mehr Unsicherheit an Neues heranzugehen. Und es müssen nicht immer die 110% sein, die wir Deutschen gerne erreichen wollen, oft genügen 80% und ein gesundes Augenmaß mit der Möglichkeit, nachzubessern. Auch das Thema Weiterbildung ist ihr, wie von Frau Kurtz bereits benannt, nicht fremd. Sie weist auf die von Marc Biadacz mitinitiierte Lernplattform MILLA hin, die Angebote für lebenslanges Lernen auf eine neue Art bündelt und zugänglich macht. Und hier schlägt Sie auch die Brücke zur Fachkräftesituation im Handwerk: die Qualität der Berufsschulen ist nämlich von entscheidender Bedeutung für das duale System.

Wenn die Betriebe auf hohem Niveau ausbilden, müssen auch die berufsbildenden Schulen diesem Anspruch gerecht werden können. Die Akademisierung um der Akademisierung willen kann keine Lösung sein und schadet dem Handwerk, indem sie geeignete junge Leute oft in eine Richtung drängt, die gar nicht ihren Interessen entspricht. An dieser Stelle schlägt sie einen Bogen zu Ernst-Martin Schaible, genauer zur Bedeutung der Küche. Annegret Kramp-Karrenbauer erinnert sich an die Küche ihrer Großmutter, die bereits in ihrer Jugend das Zentrum des Familienlebens darstellte. Mit Abstand die meiste gemeinsame Zeit verbrachte die Familie in der Küche, das feine Wohnzimmer war etwas für den Sonn- und Feiertag. Und wenn man heute schaut, was die modernen Küchenbauer aus Omas Küche gemacht haben, mit welcher Qualität die Küche heute den Lebensmittelpunkt in der modernen Familie darstellt, erkennt man, dass zwar einerseits der Kern der Familie noch der gleiche ist, wie in ihrer Jugend, aber sich andererseits die Küche beeindruckend weiterentwickelt hat. Und genau so sieht Frau Kramp-Karrenbauer auch den Konservatismus in der heutigen Zeit: im Kern ist er immer noch derselbe, aber genauso, wie sich die Küche, die den Kern der Familie beherbergt, weiterentwickelt hat, so hat sich auch der Konservatismus entwickelt und hat eine moderne Form gefunden. Zu diesem Konservatismus gehört auch die sich aus dem C im Namen ergebende Nähe zur Schöpfung: „Der Erhalt der Schöpfung als Geschenk Gottes ist tief in unserer DNA verwurzelt! Das ist keine Erfindung der Grünen ...“. Aber Lösungen gibt es nicht in den Extremen, den Katastrophenszenarien: Zwischen Trump und Greta müssen wir vernünftige Lösungen finden, die auch die wirtschaftlichen und sozialen Aspekte mit einbeziehen. Denn wenn wir uns selbst schwächen, können wir kein Vorbild für andere sein und dann werden wir auch die Zukunft nicht bewältigen. Nur gemeinsam und in der Demokratie werden wir die Kompromisse finden, die es uns ermöglichen, die Welt, in der wir leben, lebenswert zu erhalten und uns gleichzeitig als Gesellschaft weiterzuentwickeln.

Damit schloss sie perfekt den Bogen zu dem eigentlich schon von Herrn Schaible vorweggenommenen Schlusswort, dass wir mit unserer Welt sorgsam umgehen müssen. Genau das wollen wir gemeinsam in der CDU und mit unseren Bürgern erreichen und dieser Abend in der Stadthalle Leonberg hat gezeigt, dass wir genau wissen, wohin wir gehen müssen und dass wir auch in der Lage sind, das zum Nutzen aller umzusetzen.

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